Barbara Rebmann
Wie haben die Kinder im frühen 20. Jahrhundert wohl gespielt? Hatten sie überhaupt so viel Zeit dafür, wie wir es heute kennen? Wohl eher nicht, denn die Kinder waren dringend benötigte Hilfskräfte, die schon früh bei der Haus- oder Feldarbeit mithelfen mussten und neben den Schulbesuchen kaum freie Zeit hatten.
Damals hatten die Arbeiter- und Kleinbauernfamilien auch kein Geld, um den Kindern Spielsachen kaufen zu können, dies war nur den wenigen vermögenden Familien möglich. Wenn nicht der Vater, Onkel oder grosse Bruder etwas basteln konnte, war die Auswahl sehr bescheiden. Also behalf man sich mit alltäglichen Objekten, welche man im und ums Haus herum fand.
Bis gut über die Mitte des 20. Jahrhunderts haben Buben und Mädchen eher selten miteinander gespielt und die Spiele waren in der Regel sehr geschlechtsbezogen. Buben spielten eher rauhe und Mut fordernde Spiele. Sie konnten dabei ihre überschüssige Energie austoben und durch körperliche Kraft oder Geschicklichkeit ihre gruppeneigene Rangordnung herstellen, denn Schulwissen war damals eher weniger gefragt. So spielten sie etwa Ritterkämpfe, bei denen der Ritter auf den Schultern eines Kollegen sitzend versuchte, den gegnerischen Ritter von seinem «Pferd» zu stossen. Ähnlich waren die Hahnenkämpfe, bei denen auf einem Bein hüpfend mit verschränkten Armen versucht wurde, den Gegner von den Füssen zu rempeln. Wer zuletzt noch stand, hatte gewonnen. Oder es wurde mit zugespitzten Haselstöcken «gspachtlet» oder «gstäcklet». Ein Zielstock wurde in weichen Untergrund eingeschlagen und die Mitspieler versuchten ihre Stöcke möglichst nahe daran zu platzieren. Oder man formte aus einem Lehmklumpen kleine Kugeln, die man auf eine elastische Haselrute steckte und auf ein vorgegebenes Ziel schleuderte. Hatte die Nachbarin grad ihre weisse Wäsche rausgehängt, gab es dann öfters Konflikte, sofern man erwischt wurde.
Die Mädchen hingegen lernten bereits bei ihren Spielen Aufgaben, die sie auf ihr späteres Leben als Hausfrau und Mutter vorbereiteten. So spielte man mit Puppen und versuchte mit Wollresten und Stofffetzen Kleider zu basteln oder übte mit dem «Strickliseli». Im Freien waren auch Singspiele und Reigen sehr verbreitet. Wem das Häkeln oder Stricken gut von der Hand ging, vertrieb sich die Zeit mit Wettbewerben wie «ins Chäschtli stricke». Dabei wurden reihum eine Anzahl Nadeln oder Maschen vorgegeben. Wer fix war gab die nächste Zahl vor und konnte, bis alle die vorgegebene Anzahl erreicht hatten, auf Vorrat ins «Chäschtli» stricken. Zum Geburtstag gab es manchmal «Wunder-Chnungele», bei denen Süssigkeiten in das Garnknäuel eingearbeitet waren
Holzscheite, die zum Heizen und Kochen bereitlagen, dienten auf vielerlei Weise als Spielgerät. So konnten Mädchen sie etwa als improvisierte Puppe einkleiden und
im «Bäbiwaage» spazieren fahren. Die Buben stellten sie als Kegel auf und warfen mit einem weiteren Scheit oder einem Ball gezielt die Kegel um.
Wäscheleinen dienten auch als Spielgerät. So konnten kürzere Seile einzeln als Sprungseil genutzt werden. Die langen Leinen hingegen nutzte man als Gruppenspielgerät. So drehten 2 Kinder das leicht gespannte Seil und weitere Kinder versuchten reinzuspringen und fehlerfrei über die Seile zu hüpfen und wieder rauszufinden. Oft gab es dann Wettbewerbe unter den Kindern, wer am längsten fehlerfrei springen konnte. Die ganz Geschickten konnten sogar zwei lange Leinen drehen und die Mitspielenden rein- und raushüpfen lassen. Dies erforderte grosse Konzentration und schulte Koordination und Ausdauer der Hüpfenden.
Flache Wäscheknöpfe liessen sich ebenfalls als vielfältiges Spielgerät nutzen. So warf man die Knöpfe, anstelle von Münzen, gegen eine Hauswand und wer seinen Knopf am nächsten an der Mauer platzierte, hatte gewonnen. Oder man liess auf einem Tisch die Knöpfe wie Flöhe hüpfen, indem man mit einem etwas grösseren Knopf auf den Rand eines liegenden Knopfes drückte, so dass dieser hochsprang und hoffentlich in die richtige Richtung ins vordefinierte Ziel flog.
Hätten Sie Lust, bei solchen alten Spielen zuzuschauen oder selber mitzumachen? Es muss ja nicht ein Ritter- oder Hahnenkampf sein. Oder sind Sie interessiert bei der Zubereitung von «Suurchrutt» oder «Suurrüebe» Hand anzulegen oder den frischgepressten Trauben- oder Apfelsaft zu probieren? Auch Joggis frischzubereitete «Rahmdäfeli» sind nicht zu verachten. Schauen Sie vorbei am Arbeitstag beim Bauernhausmuseum am Samstag, 15. Oktober von 14-17 Uhr. Die Arbeitsgruppe Museen Muttenz freut sich auf Ihren Besuch.
Am Arbeitstag findet kein Brotverkauf statt und das Bauernhausmuseum ist geschlossen.
Die Muttenzer Museen sind am Sonntag, 30. September geöffnet. Das Ortsmuseum mit der Sonderausstellung zum Erdrutsch am Wartenberg 1952 von 14-17 Uhr und das Bauernhausmuseum gleichentags von 10-12 und 14-17 Uhr. Wie üblich sind die frischen «Holzoofe-Brote und -Zöpfe» ab 10 Uhr bereit und auch die «Bäsebeiz zum Tschuppeldäni» wartet auf Gäste. |