Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Berufstätigkeit lediger Frauen grundsätzlich akzeptiert, wohl weil es sich nicht mehr viele leisten konnten, eine Tochter bis zur Heirat zu unterhalten.58 Jungen Frauen wurde nun zugestanden einen Beruf zu erlernen, da dieser «im Notfall» half selbständig zu sein. Ausser Lehrerin, Kindergärtnerin, Schneiderin und Krankenschwester kamen auch Berufe wie Büroangestellte und Ladentochter in Betracht. Es wurde aber immer noch erwartet, dass unverheiratete Frauen sich, wenn nötig, der alten Eltern annahmen und sie pflegten. Und selbstverständlich wurde bei einer Heirat der Beruf sofort aufgegeben. Aus dem Protokoll des Muttenzer Frauenvereins vom 20. Mai 1936:
«Es liegt ein Gesuch der Gemeindeschwester vor. Sie bittet um die Beschaffung eines Unterbettanzugs für Frau K., die krank darnieder liegt, deren Mann oft arbeitslos u. deren Tochter ebenfalls leidend, zur Zeit nicht erwerbsfähig ist. –
Dem Gesuch wird entsprochen.»59
Der Frauenverein half während der Krisenjahre mit Gaben an Kranke, an Wöchnerinnen oder an bedürftige Schulkinder. 60 Die Wirtschaft brauchte wenig zusätzliche Arbeitskräfte, deshalb festigte sich in dieser Zeit die Tendenz, dass verheiratete Frauen nicht erwerbstätig zu sein haben. Man bemühte sich auch nicht um Einrichtungen wie Kindertagesstätten oder um einheitliche Schulzeiten, weil sie keinem Bedürfnis entsprachen.61
In den Fabriken hatte man angefangen, eine Ferienwoche einzuführen. Die erwerbstätigen Frauen benutzten sie, um die Wohnung zu putzen und für die Kinder da zu sein. In dieser Ferienwoche zu verreisen oder zu wandern fiel niemandem ein.
Anmerkungen
58 Elisabeth Joris und Heidi Witzig: Brave Frauen, aufmüpfige Weiber, Zürich 1992, S. 173.
59 Protokollbuch des Frauenvereins Muttenz 16.10.1935 – 18.9.1940, Protokoll vom 20. Mai 1936. Name im Protokoll erwähnt.
60 Protokollbuch des Frauenvereins Muttenz: Protokoll vom 29. Februar 1936.
61 Regina Wecker: Verflixt und zugenäht!, Statistik für die SAFFA, Zürich 1988, S. 48.