«Eine Tochter, die sich zum Verkäuferinnenberuf hingezogen fühlt und freudig entschlossen ist, ihren Willen und ihren Fleiss einzusetzen, wird ihren Eintritt in unser Seminar nicht zu bereuen haben.»62
Im Freidorf wurde 1933 der Berufsschule des Genossenschaftlichen Seminars eine Moderne Verkäuferinnenschule angegliedert. Hier wurden jeweils 14 Lehrtöchter (pro Jahrgang sieben) während zwei Jahren zu Verkäuferinnen ausgebildet. Man legte dabei Wert auf eine enge Verbindung zum häuslichen Alltag. Man wollte den Schülerinnen zeigen, wie ein Produkt im Haushalt Verwendung findet, damit sie auch befähigt waren die Hausfrau zu beraten. Der Unterricht umfasste ausser Verkaufs- und Warenkunde, Rechnen, Buchhaltung, Deutsch und Französisch, Dekorationslehre, Genossenschaftskunde, Erziehungslehre, Staats- und Wirtschaftskunde, aber auch Gesundheitslehre, Krankenpflege, Gesang, Hauswirtschaft mit Kochen, Service, Reinigung, Waschen, Bügeln und Gartenbau. Die Aufnahmebedingungen zeigen, dass strenge Anforderungen gestellt wurden, verlangten sie doch einen Real-, Bezirks- oder Sekundarabschluss.
Abb. 17: Das «Konsum-Fräulein» war während langer Zeit ein fester Begriff.
Foto: Museen Muttenz
Lange Zeit war man überzeugt gewesen, dass ein Mädchen aufgrund seines schwachen Verstandes leicht zu verführen sei und deshalb möglichst im Haus und im Dorf bleiben sollte. Nun wurde es einem Mädchen endlich nicht mehr verwehrt, weiterführende Schulen zu besuchen. Noch immer hinderte allerdings mancher Vater die Tochter daran, weil es ihm nicht einleuchtete, Geld für eine Ausbildung auszugeben. Um später als Hausfrau tätig zu sein, müsse man keine höhere Schule besucht haben, befand man. Durch die Tramverbindung war die Stadt aber näher gerückt und neue Ideen verbreiteten sich rasch im Dorf. Die jungen Frauen versuchten eine weiterführende Schule zu besuchen, um eine Berufsausbildung anschliessen zu können, und entwickelten dadurch nicht nur Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, sondern auch ein Bewusstsein für ihre Rechte.
Anmerkungen
62 Aus dem Prospekt des Genossenschaftlichen Seminars.