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Das Buch "Heimatkunde Muttenz 2009 - Muttenz zu Beginn des neuen Jahrtausends", erschienen im November 2009,
erhält man bei der Gemeinde Muttenz oder in Buchhandlungen.
Diese Website ist seit dem 6. November 2009 in Betrieb.
Vor 1920
Schon vor 1914 sind den Konzessionsbehörden von den Gemeinden und privaten Initiativkomitees verschiedene Gesuche für eine Tramverbindung von Basel nach Liestal und sogar weiter eingereicht worden. Es gelang aber keinem der Konzessionsbewerber, die erforderliche Bewilligung für die Mitbenützung der Staatsstrasse zu erlangen. Deshalb mussten alle Begehren zumindest vorläufig eingestellt werden.
Uebersichtsplan über die Linienführung verschiedener Projekte, 1913,
Quelle: Archiv Bauverwaltung
Als dann am 27. Dezember 1913 der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft höchst persönlich ein Konzessionsgesuch für eine elektrische Schmalspurbahn von St. Jakob bis nach Liestal, gegebenenfalls mit einer Zweigstrecke von Muttenz nach der Neuen Welt in Münchenstein, einreichte, ersuchte der Bundesrat die eidgenössischen Räte, die Konzession zu erteilen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Bundesbahnlinie den Lokalverkehr nicht ausreichend bediene und von den SBB kein vermehrter Betrieb im Lokalverkehr erwartet werden könne. Die geplante Bahnverbindung sei daher eine willkommene Ergänzung zum Lokalverkehr der SBB. Die Konzession wurde am 4. April 1914 erteilt. Für das Projekt musste eine neue Bahngesellschaft gegründet werden, doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs hemmte die Vorbereitungen für deren Finanzierung und Organisation. Unter Berücksichtigung der neuen Umstände reichte der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft ein Gesuch mit der Bitte ein, die Konzession im Sinne eines abschnittweisen Baus der Bahn zu ändern. Dieser Antrag wurde am 22. Juni 1916 bewilligt.
Tramprojekt mit Endstation Muttenz Kirche, Zeit unbekannt,
Quelle: Archiv Bauverwaltung
Geschichte Tram 14 ab 1920
Basellandschaftliche Ueberlandbahn: Karte aus Prospekt für die Teilstrecke Basel-Kantonsgrenze bis Muttenz, 1919
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Am 21. Februar 1920 wurde die Basellandschaftliche Ueberlandbahn AG (BUeB) gegründet. Am 21. Januar 1921 erfolgte die Eröffnung der einspurigen Strecke St. Jakob – Muttenz und am 20. Oktober 1922 die Eröffnung der einspurigen Verlängerung von Muttenz nach Pratteln. Über die Eröffnung der Strecke St. Jakob - Muttenz schrieb das Sonntagsblatt Nr. 34 der «Basler Nachrichten» am 23. Januar 1921: «Die Gemeinde Muttenz freute sich am Freitag der Erfüllung eines seit Jahren gehegten Wunsches; sie empfing die ersten blumenbekränzten Strassenbahnwagen in ihren Mauern. Als einzige Ortschaft in Basels nächster Umgebung war bisher Muttenz bis gestern ohne Tramanschluss; es schien beinahe, als ob das vom Naturschutzbund gehegte Birsuferidyll mit seinen Erlen und Nachtigallen diese städtische Ausstrahlung mit einem Zauberbann behindere.» Ebenfalls in der gleichen Zeitung ist zu lesen: «Am romantischen Abhang des Wartenbergs können noch viele Leute, denen die Stadtluft zu schwül wird, ihren Wohnsitz nehmen…», was zum Ausdruck bringt, dass die Gemeinde allerlei Hoffnung in den Tramanschluss von Muttenz setzte. Die Tramlinie überquerte von St. Jakob her die Birs auf einer schmalen Eisenbogenbrücke. Dann führte die Strecke entlang der Kantonsstrasse zur Ausweichstelle Freidorf, von wo sie weiter der Kantonsstrasse und der Tramstrasse entlang nach Muttenz Dorf führte. Offenbar fuhren anfänglich die Trampassagiere aus Muttenz aus Kostengründen meist nur bis zum Zeughaus und legten den Rest des Weges in die Stadt zu Fuss zurück.
Übersicht der Inbetriebnahme der Linienabschnitte
1. April 1916 | Neue Linie Hardstrasse - Zeughaus |
ab 19. August 1916 | Linie verlängert bis St. Jakob. 12 Minuten-Betrieb |
22. Januar 1921 |
wird bis Muttenz gefahren. In den Hauptverkehrszeiten alle 12 Minuten, sonst alle 24 Minuten. Route: Wiesenplatz - Johanniterbrücke - Marktplatz - Barfüsserplatz - Aeschenplatz - St. Jakob - Freidorf - Muttenz. Bis Zeughaus immer im 12 Minuten-Betrieb. Auf Anordnung an Sonntagen eine Linie Riehen-Muttez in Betrieb. |
20. Oktober 1922 |
Linie nach Pratteln geführt. Alle 24 Minuten nach Pratteln. Gleizeitig Inbetriebnahme der Doppelspur St. Jakob-Birsfelderstrassse |
19. November 1931 | Aufnahme doppelspuriger Betrieb bis Muttenz |
3. Februar 1951 | Neue Linie durch Hölebachgraben zwischen Schänzli und Käppeli wegen Verbreiterung der Kantonsstrasse |
8. Oktober 1951 | Inbetriebsetzung Doppelspur bis Pratteln. |
Quelle: BVB, 1975
Zwischen 1921 und 1951 überquerten Tram und Kantonsstrasse die Birs auf einer schmalen Eisenbogenbrücke. Seither benützen beide Verkehrsträger separate, breite Betonbrücken. aus: Muttenz zu Beginn des neuen Jahrtausends, S. 159, Claude Jeanmarie, Die Entwicklung der Basler Strassen- und Überlandbahnen, Basel 1969: S. 159 |
Einspurige Linienführung an der St. Jakobs-Strasse beim Freidorf 1921. Bild: Museen Muttenz |
Die einspurige Linie auf der Kantonstrasse auf Höhe Beton Christen Bild: Museen Muttenz |
Mit der Inbetriebnahme der einspurigen Verlängerung Muttenz-Pratteln wurde gleichzeitig auch die Doppelspur St. Jakob-Birsfelderstrasse (heute: «Zum Park») in Betrieb genommen, um die Betriebssicherheit zu erhöhen, nachdem am 22. Juli 1922 in der unübersichtlichen Kurve oberhalb der Haltestelle Freidorf zwei Trams frontal ineinander geprallt waren. Die Folge war ein toter Fahrgast und ein schwer verletzter Wagenführer.
Der doppelspurige Betrieb auf der Strecke Birsfelderstrasse-Muttenz Dorf wurde erst am 19. November 1931 aufgenommen. Bei der Muttenzer Schlaufe entstand zusätzlich ein neues, langes Abstellgleis parallel zum Streckengleis. Am 3. Februar 1951 wurde eine doppelspurige Betonbrücke über die Birs fertiggestellt. Gleichzeitig wurde die neue, zwischen den Haltestellen Schänzli und Käppeli in den Höhlebachgraben verlegte Linie, eröffnet. Diese Verlegung der Linienführung musste erfolgen, da es notwendig wurde, die Kantonsstrasse zu verbreitern, um die prekär gewordenen Strassenverhältnisse zu lösen. Ebenfalls im Jahre 1951 wurde die Schlaufenanlage «Schänzli» in Betrieb genommen. 1978 folgte eine völlige Neukonzeption der Schlaufenanlage Schänzli. Die Schlaufe in Muttenz wurde 1997 stillgelegt und abgebrochen.
Schon früher, am 2. Juni 1937, hatte die Generalversammlung der BUeB den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft zur Entbindung der Gesellschaft von der Verpflichtung zur Fortsetzung der Strassenbahn von Pratteln nach Liestal beantragt. Damit war die Weiterführung der Strassenbahn von Pratteln nach Liestal endgültig begraben.
Die Tramkurse nach Muttenz hatten, wie seit 1916 schon jene nach St. Jakob, die Liniennummer 12. Die Bahnen nach Pratteln trugen dann die Liniennummer 14. Als nur noch moderne Triebfahrzeuge mit Kopf-Endzielanzeigern die Strecke befuhren, wurde die Liniennummer 12 aufgehoben.
Mit der Fusion der BUeB, der Birseckbahn AG, der Trambahngesellschaft Basel-Aesch AG und der Birsigtalbahn AG 1974 zur Baselland Transport AG ging die Vorortslinie an die neu gegründete Gesellschaft über. Die Bahnanlagen gehören bis zur Haltestelle «Schänzli» den BVB, die seither, wie schon erwähnt, die Tramlinie 14 ab der Haltestelle «Schänzli» im Auftrag der BLT betreiben. Die Tramlinie ist insgesamt 11.5 km lang und fährt ab Pratteln Dorf über Muttenz, St. Jakob zum Aeschenplatz und von da durch die Innenstadt weiter zur Dreirosenbrücke. Die Station Schänzli wurde auf den Fahrplanwechsel Dezember 2010 geschlossen.
Abschliessend bleibt zu erwähnen, dass sich die Erwartungen der Initianten für eine Tramlinie nach Muttenz und Pratteln vollauf erfüllt haben. Ihr Vorhaben, «kapitalkräftige Leute» ans Tram anzuschliessen, ist aufgegangen. Das Tram als praktische und rasche Verbindung zur Stadt ist auf jeden Fall nicht mehr wegzudenken.
Text: Stefan Raaflaub und Patrick Thum, Muttenz zu Beginn des neuen Jahrtausends, S. 158-160
Bau der Tramlinie Basel-Muttenz, 1921
Eröffnung Tramlinie Basel Muttenz, 1921
aus der CD Heimatkunde Muttenz 2009, © Siedlungsgenossenschaft Freidorf, Muttenz
Anzeiger der Gemeinden Pratteln und Muttenz vom Mittwoch, 26. Januar 1921
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Basler Nachrichten vom Sonntag, 23. Januar 1921
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Haus Nr. 77 auf dem Plan von G.F. Meyer, 1678
Karte Staatsarchiv Baselland
Nach den Untersuchungen zum Dorfinventar 2021 stammen Kernteile des Wohnhauses und der Scheune aus dem 15./16.Jh.
Das Haus "Im Hof" wurde 1990 ins Inventar der geschützten Baudenkmäler BL aufgenommen.
Bei einem Spaziergang durch das Dorf sticht die Liegenschaft "Im Hof" sofort ins Auge, fällt sie doch inmitten der vielen schönen Bauernhäuser aus dem Rahmen. Lange Zeit markierte der Hof den Abschluss des Dorfes, er lag also noch innerhalb des Etters, dem Holzzaun, der das Dorf früher umschloss. Heute markieren die Tramgeleise das ehemalige Ende des Dorfes.
Das Gebäude
Der "Hof" wurde im 17. Jahrhundert vom Basler Hauptmann Johann Wernhard Huber erbaut. Die Jahreszahl 1668 beim Treppenturm erinnert daran. Bald wurde es Huberisches Gut genannt. Der „Hof“ erhielt wohl seinen Namen wegen des Anblicks, den der Brunnen, der von den Gebäuden und der Mauer umschlossen wird, bietet. Der auffallende Treppenturm führte dazu, dass man den Hof auch als „Schlössli“ bezeichnete.
Das Hauptgebäude mit dem Krüppelwalmdach und dem Treppenturm steht giebelständig zur Hauptstrasse. Vermutlich ist der südliche Teil davon älter, denn ein Abgang führt zu einem alten, gewölbten Keller. Es ist denkbar, dass Huber zu einem schon bestehenden Gebäudeteil den Hauptbau mit dem Turm erstellen liess.
Im Innern finden sich Obergeschoss des Vorderhauses ein Louis-XVI-Ofen mit weissen Kacheln und geschweiften Füssen, sowie eine Türe mit Rosetten und eine Stuckdecke mit Lorbeerkranz als Mittelmedaillon aus dem 17. Jahrhundert.
Der „Hof“ wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert. Nach Hubers Tod ging das vergrösserte Gut an dessen Schwiegersohn Pfr. Johann Stöcklin-Huber von Kilchberg über. Im 18. Jahrhundert wurde das Hofgut vom wohlhabenden Basler Johann Rudolf Faesch zu einem barocken Landsitz umgebaut. Damals entstand die schöne Gartenanlage mit dem Gittertor und dem reizenden Gartenpavillon. (1976 unter Denkmalschutz gestellt).
Die Besitzer
Jakob Aebin und Marie Hauser oder Marie Bay, Eigenümer des Grundstückes«Hof» ab 1864.
Museen Muttenz, CC BY-SA 4.0
Samuel Jourdan|Im Jahre 1881 gründete Samuel Jourdan (1854-1913), von Lupsingen, in Muttenz sein Baugeschäft. Er war damals 27 Jahre alt. Als zweiter Sohn eines Musikers und Landwirtes hatte er noch neun Geschwister. Als Maurermeister leistete er schon damals nicht nur gute Arbeit, sondern hat auch eine genaue Buchhaltung geführt.
Foto: Edmund Jourdan AG
Edmund Jourdan?
Museen Muttenz, CC BY-SA 4.0
In der Datenbank der Museen Muttenz steht bei diesem Bild «Baumeister Im Hof, Vater von Samuel Jourdan». Das kann nicht stimmen. Ev. könnte das Bild eine Jugendfoto von Edmund Jourdan sein. Die Kleidung deutet auf eine Aufnahme anfangs des 20. Jh. hin.
1918 wurde das Areal von der Familie Jourdan erworben und ab 1919 mehrfach umgebaut. Büro und Werkhof, sowie die Wohnung der Familie Fritz Jourdan wurde in die Liegenschaft verlegt.
Bebauungsplan 1919
Edmund Jourdan AG
Das grosse Areal wurde in Parzellen geteilt, so dass das Oekonomiegebäude (Hauptstr. 79) verschiedene Nutzungen erfuhr. Längere Zeit diente es als Lagerhaus, ab 1938 war darin ein Velogeschäft untergebracht und nach einem Umbau im Jahre 1975 wurde ein Coiffeurgeschäft eingerichtet.
Den nördlichen Abschluss des Areals bildet ein dreigeschossiges Wohnhaus (1931 umgebaut). Im rundförmigen Vorbau wurde eine Bankfiliale der Basellandschaftlichen Kantonalbank eingerichtet (bis zu deren Umzug 1969 an den Kreisel), die Basellandschaftliche Hypothekenbank folgte nach, 1986 eine Filiale der Regiobank, und seit 1997 ist nun ein Optikergeschäft darin untergebracht.
Weitere Bilder
Basler Landsitze
Der „Hof“ gehört zu den typischen Landsitzen der Basler Familien. Die Mode, ein Landgut zu besitzen, wurde durch die Glaubensflüchtlinge in Basel eingeführt. Sie repräsentierten das Ansehen einer Familie. Rund um Basel finden sich zahlreiche, zum Teil auch heute noch in Familienbesitz stehende Landsitze. Einige lagen direkt vor den Toren der Stadt und sind unterdessen mit der Stadt verwachsen (Sandgrube, Solitude), andere Güter lagen wiederum etwas weiter von der Stadt entfernt (vom Bruckgut bis zum Ebenrain in Sissach). Erstaunlicherweise gibt es in Muttenz mit dem Huberischen Hof nur einen einzigen Landsitz.
Man zog im Frühjahr mit Sack und Pack aufs Land und blieb dort bis in den Herbst. Dieser Umzug war für die Basler Hausfrau ein wichtiges Ereignis, galt es doch, das monatelang unbewohnte Haus zu putzen und wieder bewohnbar zu machen. Der Ehegatte und die schulpflichtigen Kinder fuhren mit dem Wagen jeden Tag in die Stadt, deshalb musste man im Stadthaus für ein Mittagessen sorgen. „Täglich fuhr ich nun mit dem Vater zur Stadt, um die Schule zu besuchen, und machte in der stillen Stadtwohnung, wo nur die alte Köchin hauste, meine Aufgaben. Donnerstags und samstags war am Nachmittag frei, da fuhren wir zum Essen heraus, und dies waren mit den Sonntagen unsere Familientage.“ (J.J. Burckhradt-Sarasin Memoiren).
Den ganzen Sommer hindurch erschien zahlreicher Besuch, auch unvorhergesehene Gäste. Die Verpflegung machte keine Probleme, denn auf dem Land war alles in reicher Fülle vorhanden: Milch, Rahm, Honig, Butter, Gemüse, Eier, Früchte usw. Auch für Abwechslung war gesorgt, man las viele Bücher, sang Lieder zusammen, spielte Croquet oder mit dem Reifen oder Ball.
siehe dazu auch: regionatur.ch (Einzelhöfe und Herrschaftshäuser, Reigoldswil)
Quellen:
Inventar Kulturdenkmäler BL in Baudenkmäler Muttenz, Muttenzer Schriften 6, 1997
Hanspeter Jauslin/ Nelly Spitteler: Muttenz Hauptstrasse um 1975
Edmund Jourdan AG: http://www.edm-jourdan.ch/uber-uns/geschichte.html
Johanna Von der Mühll: Basler Sitten
Taunerhaus Hauptstrasse 29
Foto Hanspeter Meier, 2009
Der Begriff des Tauners wurde vom Lokalhistoriker Jakob Eglin für Ziegenbauern und Tagelöhner verwendet, die wirtschaftlich von anderen abhängig waren. Im Kantonalen Inventar der geschützten Kulturdenkmäler wird von der «Überbauung der Gempengasse mit Taglöhner- und Rebknechtenhäusern» gesprochen.
Eglin schreibt in seinen «Heimatkundlichen Schriften» (S. 29)
«Ein anderes Dokument. ein Steuerrodel um 1750, belehrt uns eines anderen. Daraus ist zu ersehen, dass damals die bäuerlich-wirtschaftlichen Zustände in Muttenz keine rosigen waren. Laut dem erwähnten Steuerrodel (1750 bis 1760) setzte sich die Einwohnerschaft zusammen aus 27 Bauern mit ihren Angehörigen und aus 170 Taunern und deren Familien, sowie aus 40 Witwen. Grosses Erstaunen erweckt vor allem die niedrige Zahl der wirklichen Bauernbetriebe, deren es damals nur 27 gab. Unglaublich gross dagegen ist die Zahl der Tauner. Zu den letzteren zählten die armen Geissenbäuerlein und die Taglöhner, wirtschaftlich abhängige, mit der Armut schwer kämpfende Existenzen.
Diese einem amtlichen Steuerrodel entnommenen Angaben illustrieren unverhohlen die früheren pekuniären Zustände und die wirtschaftliche Unselbständigkeit des grössten Teiles der damaligen Einwohnerschaft von Muttenz gegenüber einer sehr kleinen Oberschicht von Begüterten und Gutsituierten.»
Bauern mit Kleinvieh, Rebknechte, Taglöhner und Handwerker besassen oft nur kleine Häuser und wenig Land. Eine Scheune für Fahrhabe und Heu bzw. ein Stall für Kühe und Zugvieh fehlte.
Springer in ihrem Beitrag zur bauhistorischen Invenarisierung (s. Anhang unten) schreibt dazu:
Zweiachsigen Bauernhäuser
«Von der Strasse aus betrachtet umfasst der Kernbau mit Trauffassade einen Wohnteil und ein Wirtschaftssegment, wobei das Tenn strassenseitig respektive auf der Hauptseite liegt und der Stall üblicherweise dahinter im Grundriss des Kernbaus untergebracht ist. Der Wohnteil kann ein- oder zweigeschossig sein. Bei dieser Gebäudeart scheint die Haltung von Grossvieh eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Es ist an die Behausung von Rebbauern oder Kleinbauern mit Nebenverdienst zu denken. Die rund 30 erfassten zweiachsigen Bauernhäuser finden sich Ende des 17. Jh. gehäuft am oberen Ende der Gempengasse (in Hanglage) und am äusseren Ende der Baselstrasse, also in unmittelbarer Nähe der einst grossflächigen Muttenzer Rebbaugebiete. Weitere Bestände verteilen sich über das ganze Dorf.»
Einachsiges Gebäude – das «Arbeiterhaus»
«Die strassenseitige Trauffassade des Kernbaus besteht lediglich aus dem Wohnteil, entweder mit einer oder zwei Fensterachsen. Hinter den Wohnräumen (der Küche) befindet sich oft ein Keller und/oder ein Stall für Kleinvieh, manchmal in den Grundriss des Kernbaus
integriert, meist aber später angebaut. Grundsätzlich ist festzustellen, dass diese Kategorie relativ kleinräumig angelegt ist und auf kleinen Parzellen steht, also nur wenig bis kein Umland besitzt. Es handelt sich dabei um Häuser von Arbeitern wie Handwerkern, Tagelöhnern
und Angestellten, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nur sehr beschränkt mit Selbstversorgung bestritten.
Im späteren 17. Jh. tauchen diese einachsig konzipierten Arbeiterhäuser (ohne Tenn) augenscheinlich als Anhäufung im mittleren Oberdorf und am oberen Ende der Geispelgasse, einem schattigen Nordhang, auf (vgl. Abb. 18). Ab dem 18. Jh. wurden sie vor allem als
«Lückenfüller» und seitliche Anbauten an Bauernhäusern errichtet. Dieser Kategorie lassen sich rund 45 erfasste Gebäude zuweisen.»
Typische Taunerhäuser in Muttenz sind z.B. Hauptstrasse 27,
Hauptstrasse 29 oder
Gempengasse 48
Mehr zu den Taunern findet man unter: Landolt, Niklaus: "Tauner", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.10.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016378/2013-10-29/