Geschehnisse
Am 1. November 1986 brach in einer Lagerhalle der Novartis-Vorgängerin Sandoz AG in Schweizerhalle auf Muttenzer Gebiet ein Grossbrand aus. In der Halle waren 1 351 Tonnen chemische End- und Zwischenprodukte gelagert.
Der Brand wurde um 00.19 Uhr auf dem Werksgelände entdeckt. Die über 160 angerückten Feuerwehrleute mussten sich im Wesentlichen darauf beschränken, das Feuer von umliegenden Gebäuden fernzuhalten, denn die Lagerhalle war nicht mehr zu retten. Das Feuer wütete gewaltig und der Himmel war von pausenlosen Explosionen und dreissig, vierzig Meter hohen Feuerbällen grell erleuchtet. Parallel zu den Rettungsarbeiten begann der Einsatz der
Katastrophenorgane zum Schutz der Bevölkerung. Aufgeboten wurden auch Personal zur Überwachung der Lufthygiene, Fachleute für Gewässerschutz und die Zivilschutz-Kommandoposten.
Um 3.43 Uhr weckten die Sirenen Muttenz. Lautsprecherwagen fuhren durch die Quartiere: «Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei. Bitte schliessen Sie Fenster und Türen und hören Sie die Programme von Radio DRS oder von Radio Basilisk».
Durch den Ostwind wurde eine penetrant stinkende Chemikalienwolke Richtung Basel verfrachtet. Der Verkehr kam zum Erliegen: Die Autobahn wurde gesperrt, sämtliche Züge nach und von Basel und der ganze öffentliche Verkehr wurden unterbrochen.
Erst um sieben in der Früh, nach der Entwarnung der Behörden, konnte das alltägliche Leben wieder aufgenommen werden. Diese Katastrophennacht hinterliess im Gedächtnis vieler Menschen bis heute lebhafte Spuren.
Auswirkungen des Brandes auf die Umwelt
Dieser Grossbrand in der Sandoz-Lagerhalle führte nicht nur zu einer starken Luft-, sondern auch zu einer massiven Rheinverschmutzung. Durch die riesige Menge von Löschwasser wurden die Chemikalien der Lagerhalle in den Rhein gespült. Darunter befanden sich auch giftige Quecksilberverbindungen und ein harmloser Farbstoff, der den Rhein rötlich färbte. Die Bilder des «Roten Rheins» gingen in den folgenden Tagen um die Welt. Durch die eingeschwemmten Chemikalien starben Tausende von Fischen und der Rhein wurde bis hinunter nach Holland stark verschmutzt. Glücklicherweise erholte sich das Ökosystem schon nach einigen Monaten relativ gut.
Da das Löschwasser auch im Boden versickerte, bestand durch eine mögliche Verschmutzung eine ernsthafte Gefährdung
der Trinkwasserversorgung Hard und damit des Trinkwassers von Muttenz und Basel. In dieser denkwürdigen Nacht hatte die Region aber auch Glück im Unglück: Was wäre wohl geschehen, wenn die die Lagerhalle umgebenden Phosgen- , Benzin- und Öllager Feuer gefangen hätten?
Text: Daniel Raaflaub, Muttenz zu Beginn des neuen Jahrtausends, S. 31