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Mit zehnminütiger Verspätung tritt Hasan Arisan, der Onkel von Zeynep, durch die Eingangstüre des „Café & More“. Hasan ist eine grosse, sehr kräftige Person, die man problemlos als Türsteher einstellen könnte. Er wirkt gelassen und grüsst seine Kunden mit einem kleinen Spass. Ich bin überrascht, dass er der Onkel von Zeynep sein soll. Zeynep Arisan sieht nämlich älter aus als neunzehn und Hasan hat nur acht Jahre mehr auf dem Buckel. Man könnte meinen, sie seien Geschwister. Die kurdische Familie Arisan ist vor den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Türkei geflohen.  
So kommt Hasan im Alter von zehn Jahren über Deutschland in die Schweiz. Er lernt die Sprache und lebt sich immer mehr ein. Zwölf Jahre später lässt der ausgebildete Kaufmann sich sogar einbürgern. Er erzählt begeistert und stolz von seiner Militärzeit 2008/2009 in der er viel gelernt habe: „Das Militär ist ein Muss für einen Mann“, sagt er, der seine Dienstpflicht als Buchhalter absolviert hat.

Hasan ist eine Person, die gerne und gut führt. Disziplin und Respekt sind ihm wichtig: „Ich respektiere jeden, solange er mich respektiert.“ Hasan erzählt von einem Vorfall mit einem militärischen Vorgesetzten, als er beinahe seine Beherrschung verloren hätte, weil dieser ihn aufgrund seiner Herkunft beleidigt hatte. Beide Seiten wurden gebüsst, was Hasan zu schätzen wusste. „Mit anderen Soldaten war es auch nicht immer leicht. Viele waren auf meine Leistungen neidisch und liessen Sprüche fallen wie: Du bist Schweizer, doch wir sind Eidgenossen“. Hasan hätte gerne seine Militärkarriere fortgesetzt, doch seine Eltern waren dagegen. „Wenn dieser Entscheid damals anders gefällt worden wäre, wäre ich wahrscheinlich immer noch mit meiner Kompanie unterwegs“, sagt der kräftige Typ mit einem Hauch Wehmut. Und doch mag er seine jetzige Arbeit, in deren Genuss wir beim wöchentlichen Besuch im „Café & More“ kommen. Allerdings wird Hasan bald eine weitere Ausbildung zum Bauleiter machen.

Nach 27 Jahren voller Erfahrungen in der Schweiz, aber auch in der Türkei gibt Hasan eine spannende Antwort auf die Frage, wo er sich zu Hause fühle, wo seine Heimat sei. „Ich weiss es nicht“, sagt er nachdenklich. Ihm sind die Schweiz und sein Geburtsland Türkei genau gleich wichtig. Er schätzt das Leben in der Schweiz und empfindet es als „verspielter“ als in seinem Dorf. „Ein Pferd mit gebrochenem Bein wird hier in der Schweiz behandelt und gepflegt, bis es wieder fit ist. Die Bauern in meinem Dorf geben dem Pferd gleich einen Kopfschuss, da es sowieso nicht gepflegt würde und es keine Chance hätte.“

Er bereitet liebevoll türkische Gerichte zu aber mag genauso die Schweizer Küche. Seine Leibspeise sind übrigens Älplermakronen.

Er sei gerne hier, aber er vergesse nicht, wo er herkomme. Er wisse noch nicht genau, wo seine Heimat sei, und so kenne er auch kein Heimweh. Seine Familie und auch viele seiner Freunde seien hier, wo er lebe. So auch seine Nichte Zeynep.

Eine Schweizerin mit kurdischen Wurzeln und Vorliebe für Gemüsegratin.

Zeynep Arisan, 19

Während wir auf Hasan warteten, fanden wir in Zeynep Arisan spontan eine Gesprächspartnerin.

Die Neunzehnjährige begrüsst uns in breitem Baslerdeutsch und erklärt sich sofort bereit zu einem Gespräch. Ganz entspannt sitzen wir an einem Tisch und Zeynep erzählt, dass sie kurz vor ihrem Abschluss an der FMS stehe und heute ihren Vertrag für ein Praktikum unterschreiben müsse. Beim Gedanken daran wird sie aufgeregt.

Zeyneps Eltern sind vor rund zwanzig Jahren in die Schweiz gekommen, Zeynep ist hier geboren. Nach ihrem Praktikum im Kindergarten möchte sie unbedingt Sozialpädagogik studieren. Ihre Familie ist sehr stolz auf sie und unterstützt sie auf ihrem Weg. „Ich will die Möglichkeit nutzen“, sagt Zeynep, die wiederum die Familie auch unterstützt indem sie oft nach der Schule im „Café & More“ arbeitet. Dafür hat sie schon etliche Samstage geopfert, da die Familie für sie sehr wichtig ist und sie gerne hilft. Sie weiss, wo das Geld, mit welchem auch ihre Schulbildung finanziert wird, herkommt. Das „Café & More“ ist ein richtiger Familienbetrieb und besteht seit fast zwei Jahren.

Türkisches Essen mag Zeynep nicht allzu sehr, viel lieber ist ihr Gemüsegratin, ihr Lieblingsessen. Bei ihr zu Hause wird schweizerisch und türkisch gekocht. Bei typischem Essen aus der Türkei muss sie oft an ihr Herkunftsland denken.

Doch für Zeynep ist klar: Ihr Zuhause ist hier. Hier ist sie geboren, aufgewachsen und fühlt sich wohl. Fast alle ihre Verwandten wohnen in der Schweiz. Weitere Verwandte in der Türkei werden so oft wie möglich besucht. „In den Ferien nehme ich immer ab. Das dörfliche türkische Essen mit viel Rohkost mag ich nicht“, sagt sie lächelnd. Zeynep geht gerne zurück zu ihren Wurzeln, fühlt sich aber in der Türkei doch ein bisschen fremd. Ihre Heimat ist die Schweiz und das wird sich auch nie ändern.

Cyril & Mauro