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Gesellschaftlicher Hintergrund

«Verdutzt und ratlos steht der Fremde mitunter beim erstmaligen Besuch im Freidorf: Er erwartet eine romantischidyllische Dorfanlage, und er findet ein Gebilde, halb Kloster
und Anstalt, halb Gartenstadt und Juranest.»

Mit diesen Worten beginnt das Bekenntnis des Freidorfarchitekten Hannes Meyer (1889 – 1954) in seinem Beitrag «Der Baugedanke» zum Buch über die Siedlungsgenossenschaft Freidorf.
Blenden wir in die damalige Zeit zurück: In Basel-Stadt herrscht anfangs 20. Jahrhunderts grosse Wohnungsnot. Die industrielle Entwicklung in und um Basel führt unter
anderem geprägt durch eine starke Zuwanderung vor allem junger Leute zu einem starken Wachstum der Bevölkerung.
Charakteristisch in Basel-Stadt ist die Entstehung neuer Arbeiterviertel (zum Beispiel Breite, Horburg). Mietskasernen, oft mit hygienisch und sozial untragbaren Verhältnissen, werden in Basel zum Kennzeichen ganzer Strassenzüge. In solchen oft einfachsten und engen Lebensverhältnissen hat sich ein ausgeprägtes Klassenbewusstsein entwickelt. So wurden als Reaktion auf diese Zustände und durch die Forderung nach «Licht und Luft», aber auch nach Ruhe im Grünen auf freiem Feld einerseits grossflächige Einfamilienhausquartiere (Neumünchenstein) für den Mittelstand erstellt. Anderseits wurden Genossenschaftssiedlungen mit Gärten erbaut. Neben der 1913 begonnenen «Gartenstadt» in Münchenstein ist die durch industrielle Unternehmungen finanzierte Siedlung «Beim Wasserhaus» in Münchenstein erwähnenswert.

Dies war der wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmen, in welchem Bernhard Jaeggi13, Basler SP-Grossrat und Nationalrat, Mitglied der Direktion VSK (Verein Schweizerischer Konsumvereine, Basel) seine Vision einer genossenschaftlich finanzierten Siedlung Freidorf umsetzen konnte.
Er wandte sich im Jahre 1919 an den Präsidenten des Aufsichtsrates des VSK und konnte erreichen, dass aus den stillen Reserven des VSK Geldmittel für den Bau des Freidorfes eingesetzt werden konnten. Es waren Reserven, die im Laufe der Jahre gebildet wurden und die nach geltendem Recht an den Bund als Kriegsgewinnsteuer abgegeben werden oder vom Steuerpflichtigen für einen der Allgemeinheit zugute kommenden Zweck verwendet
werden mussten.

Das Bauprojekt, entworfen und gebaut vom Basler Architekten Hannes Meyer, wurde sehr schnell umgesetzt

  • Am 20. Mai 1919 fand die konstituierende Generalversammlung
    statt,
  • am 4. Juni 1919 konnte mit dem Gemeinderat Muttenz ein Kaufvertrag über ein circa
    85 000 m2 grosses Grundstück zum Preis von Fr. 2.70/m2 abgeschlossen werden und
    am 13. September 1919 erfolgte die Baueingabe und
    am 1. Dezember 1919 der offizielle Spatenstich.

In seinen 1921 erschienenen Richtlinien legt Jaeggi seine Kernideen für das Projekt Freidorf fest: «Der [...] Grundgedanke in der konsumgenossenschaftlichen Organisation liegt in der Form der kleineren, in sich geschlossenen Wirtschaftsgemeinde,die sich unter Umgehung aller vermeidbaren Unkosten in der einfachsten Weise selbst verwaltet und im Anschluss an föderalistische Verbandsorgane eine möglichst umfassende Selbstversorgung betreibt, so dass der ganze Wirtschaftskreis als ein erweiterter, in allen seinen Teilen aber durchaus übersichtlicher genossenschaftlicher Haushalt erscheint, durch den der einzelnen Familienökonomie die Energien und Vorteile der Grosswirtschaft erschlossen werden. Dieser Gedanke muss in der Genossenschaftsbewegung neu aufleben, wenn das Ziel
erreicht werden soll.»

Vor diesem Hintergrund, gepaart mit der erzieherischen Philosophie von Heinrich Pestalozzi, wurde die Siedlungsgenossenschaft Freidorf 1919 gegründet.

aus: Muttenz zu Beginn der neuen Jahrtausends, Heimatkunde 2009, H.P. Meier, Kap. Siedlung S. 94 ff.