Täglich musste früher Wasser am Brunnen geholt werden, denn es gab bis 1895 noch kein fliessendes Wasser in den Häusern. Beim Wasserholen traf man sich am Brunnen und tauschte die Neuigkeiten aus. Ein kleines „Sudeltrögli“, welches an den grossen Trog angebaut war, diente dazu, die schmutzigen Sachen zu reinigen.
Brunnen in der Burggasse mit „Sudeltrögli“
Museen Muttenz, Lizenzbedingungen CC BY-NC-SA 4.0
Um das Quellwasser zu den Brunnen zu führen, benutzte man Teuchel, das heisst ausgehölte Baumstämme, die man ineinander schob. Die ersten Brunnen bestanden aus einem Trog, der aus einem dicken Eichenstamm geformt war. Mit der Zeit wurde der Trog durch Jurakalkstein ersetzt, auch der Brunnstock.
"Holzdünchel" oder Teuchel, welche bei Eindolungsarbeiten des Dorfbaches zum Vorschein gekommen sind, 17.08.1909 (Ausschnitt)
Staatsarchiv Basellland, STABL_VR_3317_B07_023b
Der Abschluss des Brunnstocks bei den Brunnen ist jeweils eine Eichel. Sie ist ein altes Symbol für Fruchtbarkeit. Wasser hatte früher einen viel grösseren Stellenwert als heute.
Brunnen im Oberdorf mit Eichel als Abschluss
Museen Muttenz, Lizenzbedingungen CC BY-NC-SA 4.0
Brunnen im Oberdorf
Die St. Arbogast-Quelle am Nordosthang des Wartenbergs versorgte die Brunnen an der Burggasse.
Die Engentalquelle (ca. 1km südlich, am Waldrand gegen die Schönmatt), vereint mit der vom Sulzhof kommenden Quelle, versorgte die Brunnen entlang dem Dorfbach.
Die Geispel-Quelle (am Hang unter dem ehemaligen Schützenplatz) versorgte die Brunnen an der Geispelgasse. Dieses Wasser wurde bevorzugt benutzt, um den Sonntagskaffee zu machen. Man war überzeugt, dass es damit den besten Kaffee gab.
Die Fulenbach-Quelle westlich vom Dorf speiste den Brunnen an der Baselgasse.
Trinkwasserversorgung: Wo kommt unser Trinkwasser her?
An den engen Gassen standen schmale Brunnen, meist am Wegrand. Bei den breiten Strassen war es möglich, die Brunnen frei aufzustellen, so dass die Tiere von allen Seiten zur Tränke geführt werden konnten. Auch die Weinbauern schätzten die Brunnen, wurden doch die hölzernen „Zuber“ und „Büttenen“ im Brunnentrog gewässert. Auch das Stroh, welches man zum Binden der Rebstöcke verwendete, wurde eingeweicht, um es biegsam zu machen.
Plantschende Kinder im Brunnen auf dem Kirchplatz in den 1940er-Jahren, links der Bären und in der Mitte das Gemeindehaus.
Aufnahme: Theodor Strübin, Museum.BL
Heute werden die Dorfbrunnen auch gerne genutzt, um sich rasch abzukühlen nach einer Wanderung, oder einen Schluck Wasser zu trinken. Sie werden alle mit Blumen geschmückt und tragen damit zum schönen Dorfbild bei.
Traditionellerweise wird bei der Besammlung zum Banntag ein Feuerwehrschlauch als Springbunnen montiert. Damit lassen die Kinder alte Regenschirme mit dem Wasserstrahl in die Luft schleudern.
Heimatkunde Muttenz, Foto Barbara Sorg, 21.05.2009
Das Schmücken mit Maibaum
Eduard Strübin Jahresbrauch im Zeitenlauf, Liestal 1991
In der Walpurgisnacht vom 30. April zum 1. Mai werden die bösen Wintergeister vertrieben. In Baden-Württemberg, Bayern und Österreich begeht man zu dieser Zeit den Frühlingsbeginn mit dem feierlichen Aufrichten eines grossen Maibaums auf dem Dorfplatz. Der Maibaum ist auch in der Schweiz vereinzelt in ländlichen Gemeinden anzutreffen. Doch die Baselbieter feiern die Tradition auf ihre ganz spezielle Weise. Im Gegensatz zum Rest der Welt, zieren die Maibäume dort auch die Dorf-Brunnen.
Anfang Mai sind die Dorfbrunnen mit einem kleinen Maibaum geschmückt. Über den ganzen Monat Mai bleibt jeweilen ein Maibaum auf dem Dorfplatz, beim Brunnen Baselstrasse, im Oberdorf und an der Hauptstrasse stehen.
Foto Hanspeter Meier
Maibäume, die Brunnen zieren, sind laut dem Baselbieter Volkskundler Eduard Strübin eine Baselbieter Eigentümlichkeit. In der Nacht auf den 1. Mai werden in über der Hälfte der Baselbieter Gemeinden geschmückte Tännchen auf Brunnen aufgestellt. In vielen Orten sind es die Jungbürger, die fürs Aufrichten der Maibäume verantwortlich sind. Die ersten bekannten schriftlichen Zeugnisse dieser Praxis stammen aus dem Jahr 1544. Neben dem Aufstellen des Maibaums gibt es in verschiedenen Gemeinden auch das Maisingen und viele Trachtengruppen pflegen auch den Maitanz, den die 1932 gegründete Trachtengruppe Liestal im Baselbiet eingeführt hat. Der Bändertanz um den mit Seidenbändern geschmückten Maibaum, der wegen der Seidenbandindustrie für die Region Basel besonders passend schien, wird auch in Muttenz gepflegt und hoch gehalten.
Im Jahr 1984 zählte der Volkskundler Eduard Strübin 38 Baselbieter Gemeinden mit einem Maibaum; 2017 waren es sogar 45.
Ursprünglich war es vielleicht ein heidnischer Frühlingsbrauch, gilt der Maibaum doch als Symbol des kommenden Frühlings. Er steht für Freiheit, Fruchtbarkeit, Kraft und Standhaftigkeit.